Kurz nach sechs Uhr morgens treffen die Jugendmusikanten im Musiklokal ein. Die meisten noch sehr verschlafen, andere bereits bestens gelaunt. Materialcheck, haben alle alles dabei? Noten, Deckblatt, Sichtmappe, Notenlyra, Uniform, Instrument, Dämpfer, Ersatzplättchen, Öl und Fett, schwarze Socken, schwarze Schuhe, Mundstück, Krawatte, neues Polo-Shirt? Jaja, meinen die meisten. Na dann mal los. Unser Bus wartet unten bei der Shell-Tankstelle auf uns. Wir verladen unser Material und steigen ein. In der Zwischenzeit sind auch unsere Gäste, welche mit dem Bus kommen, eingetroffen. Pünktlich um 7 Uhr fahren wir in Glis ab.
Die 3-stündige Busfahrt über Vevey nach Burgdorf erlebt jeder etwas anders. Einige schlafen, andere hören Musik, wieder andere schauen einen Film und ein paar sehr Interessierte lesen die "FÄSCHTZITTIG".
So pünktlich wie wir abgefahren sind, so pünktlich kommen wir auch endlich in Burgdorf an. Zunächst heisst es, alles aus dem Bus ausladen und zum Instrumentendepot bringen. Bis hierhin ist ja mal alles bestens verlaufen. Na gut, es hat ja auch noch niemand etwas auspacken müssen. Wir sind immer noch beim gemütlichen Teil in Burgdorf. Wir verteilen die Festabzeichen und die Essensgutscheine für das Mittagessen. Die Fassstrassen sind gut organisiert und wir können ohne Anstehen unser Essen holen und geniessen.
Nach dem Essen haben wir uns im Instrumentendepot umgezogen und bereit gemacht für den ersten Ernstfall des Wochenendes - die Konzertmusik. Kurz zwei oder drei Krawatten verteilt und schon konnte es losgehen. Ein kleiner Fussmarsch zum Einspiellokal und wir sind bereit, uns aufs Wesentliche zu konzentrieren. Im Wissen, was auf sie zukommt, lassen sich die Jugendmusikanten auch nicht davon ablenken, dass ein Euphonium plötzlich nicht mehr funktioniert. Es kommt einfach kein Ton mehr raus. Wir müssen schnell handeln, es bleibt nicht mehr allzu lange Zeit, da stehen wir schon auf der Bühne. Die nette Helferin vor Ort zeigt uns, wo sich der Instrumentenreparateur auf dem Festgelände befindet. Also schicke ich abermals meinen Vize mitsamt Romaine dorthin.
Zurück im Einspiellokal stehen plötzlich mehrere Personen auf und beichten mir, dass sie die ID vergessen haben. Die eine konnten wir als Foto organisieren und die andere war zum Glück nur im Instrumentendepot im Veston der Uniform. Da Lukas bereits unterwegs war, konnte er diese auch gleich holen. Durch die Reihen probiert Isabelle, mit mir ein paar Atemübungen zur Beruhigung zu machen. Dies funktioniert auch gar nicht mal so schlecht.
15:25: Die Ersten können nun bereits ins Konzertlokal, um die Stühle, Notenständer und das Schlagzeugmaterial einzurichten. Die Anderen stossen erst kurz vor Vortragsbeginn dazu. Wir richten uns ein und lauschen konzentriert der Stille im Saal. Jetzt wird's ernst. Es ist unbeschreiblich, was auf der Bühne mit unserer Jugendmusik passiert. Vollste Konzentration. Es ist in den eigenen Rängen sogar noch stiller als an unseren Konzerten.
Zweimal zehn Minuten, und wir wissen danach, dass wir die beiden Stücke "The Revenge of the Witch" und "Rikudim" wohl noch nie so gut gespielt haben. Aber die Konkurrenz schläft nicht. Was unser Vortrag wirklich wert ist, erfahren wir erst am Sonntag.
Nun geht's wieder zurück ins Instrumentendepot. Es heisst Umziehen, Abendessen und Unterkunft beziehen. Die etwa zehnminütige Fahrt wird mit Walliser und Bündner Liedern überbrückt und die Chauffeuse lässt sich sogar auf #driimalumechreisel ein. In der Unterkunft, wo für uns aufblasbare Luftmatratzen zur Verfügung stehen, werden erst mal alle verfügbaren Turnmatten aus dem Geräteraum geholt und fair unter den beiden Musiken Glis und Giuventüna Engiadina Bassa verteilt. Für den sportlichen Teil - wir sind ja schliesslich in einer Turnhalle - spielen wir spontan Fussball.
Den Abend lassen wir auf dem Festgelände mit gurer Musik, Unterhaltung und Bier/Mineral ausklingen. Pünktlich um 23:15 Uhr sind auch alle unter 16-Jährigen wieder beim Instrumentendepot und kehren mit doch recht vielen über 16-Jährigen zur Unterkunft zurück.
Unser erster Termin am Sonntag ist das Frühstück. Im Gegensatz zu den Fassstrassen vom Mittag- und Abendesser ist dies en wenig chaotischer organisiert, da es keine fixen Esszeiten gibt. So stehen zum Zeitpunkt, wo wir essen wollen, geschätzt 1000 andere Jugendmusikantinnen und Jugendmusikanten an. Kurz bevor unsere Ersten ihr Frühstück fassen dürfen, will sich noch ein ganzes Korps vor uns drängeln. Auch hier zeigt sich wieder der Zusammenhalt unserer Jugendmusik. Einige stehen da, zwischen den "Feinden" und unseren eigenen Leuten, und bilden eine undurchdringbare Mauer.
Sogleich geht es weiter mit dem Fototermin. Nach dem Fototermin gehen wir ruhig und gelassen Richtung Marschmusikstrecke. Auf einem grösseren Platz proben wir nochmal die wichtigsten Sachen wie Einstehen, Ausrichten, Start und Stopp und natürlich auch den Marsch. Als wir am Start der Marschmusikstrecke ankommen, heisst es erst mal, 30 Minuten Verspätung.
Das grosse Warten beginnt. Die Spannung, welche vorhin aufgebaut worden ist, ist nun weg. Können wir uns wieder fassen und das liefern, was wir geübt haben? Vor unserem Start bemerkt Gorges noch einige Visper Militärtambouren und fragt ungeniert nach, ob sie auch die Möglichkeit haben, bei uns mitzumachen. Kurz darauf erhalten wir auch die Bestätigung. Cool, wir haben Tambouren für den Einmarsch. Das Warten scheint jedoch kein Ende zu nehmen. Nochmals wird ein Bus durch die Marschmusikstrecke gelassen und der Einmarsch verzögert sich weiter. Zum Glück wird in der Zwischenzeit Wasser für die wartenden Vereine angeliefert.
Und nun geht's los. Wir stehen ein. Ich bin ein wenig nervös. Halten sich alle still? Ist die Instrumentenhaltung einheitlich? Ich sehe es aus der ersten Reihe ja nicht. Merkt die Jury, dass wir bei der Einleitung ein klein wenig tricksen? AAAACHTUNG! ....... Anmeldung korrekt, die Jury geht durch die Reihen und schreibt. In der Ruhe hört man jeden Bleistiftschwund auf dem Papier. Tambourbeginn, Tambour vorwärts, Marsch. Tambouren statt Snare Drum macht schon einen gaaaaanz anderen ersten Eindruck. Spielwechsel. Es klingt gut, satt und präzise. Viel mehr kann ich dazu nicht sagen. Am Ende angekommen klappt zumindest in der ersten Reihe auch das Anhalten. Georges gibt das Kommando "Ruhn". Trotzdem bleiben alle in Spannung stehen und auch die Jurorin erwähnt, dass dies eigentlich ihr Job sei. Geschafft, nun sind alle Wettbewerbsteile durch. Wir warten noch gespannt auf das Resultat der Marschmusik, welche jeweils 2 Formationen später bekanntgegebn wird. Vom Vortag wissen wir, dass das beste Resultat 92 Punkte von der Brass Band Berner Oberland Junior war, welche bekanntermassen eine Spitzenformation ist.
Und wieder kommt ein Bus, Resultate werden verzögert. Vor dem Start der Jugendmusik Brig wird unser Resultat verkündet. Dreiund....neunzig Punkte. Ein Jubel geht durch die Menge und alle freuen sich riesig über dieses Resultat. Am Bierstand am Ende der Marschstrecke werden mehrere Runden ausgegeben und das restliche Tagesprogramm mehr oder weniger ausser Kraft gesetzt. Es ist Zeit zu feiern! 93 Punkte, das heisst bisher Bestresultat in unserer Kategorie! Und es kommen nur noch 2 weitere Formationen in der gleichen Kategorie. Georges versichert mir, dass wir von denen nichts zu befürchten haben. Kurze Zeit später wird uns dies auch bestätigt.
Zur Rangverkündung trifft sich die Jugendmusik Glis in der Mitte des Festzelts. Es werden Reden gehalten von diversen Vertretern der Politik, des Vorstandes Schweizer Jugendmusikverband und dem OK. Doch wir alle warten gespannt auf die Rangverkündung, vor allem natürlich auf die Resultate des Konzertvortrags. Kategorienweise geht es von unten nach oben. Nun ist auch die Kategorie Harmonie Oberstufe an der Reihe. Ich darf auf die Bühne. Bereits auf Rang 6 werden Punktzahlen über 90 Punkte verkündet, eine starke Kategorie. Dass es uns recht gut ergangen ist, wussten wir alle. Aber wie gut, das war die Frage.
Platz 3 mit 92.83 Punkten, Jugendmusik... Belalp Naters. Ich gratuliere David Lochmatter zum Podestplatz und er holt seinen Preis ab. Platz 2 mit 93.00 Punkten, Jugendmusik... Zürich 11, die Jugendmusik meines ehemaligen Kommandanten im Militär, Bernhard Meier. Nun gibt's nur noch alles oder nichts. Die Jugendmusik Naters hat bereits am Kantonalen Musikfest bewiesen, dass sie nicht zu unterschätzen ist und sie sind am Schweizer Jugendmusikfest mit denselben Stücken angetreten. Schweizermeister der Kategorie Harmonie Oberstufe mit 94.00 Punkten ist... 3 Sekunden absolute Stille... Jugendmusik Glis!
Die Jugendmusik liegt sich in den Armen und ich darf den Pokal für den Kategoriensieg auf der Bühne entgegennehmen. Ich bin richtig stolz auf unsere Jugend! Mit dem Pokal und dem Diplom mache ich mich auf den Weg zurück zu unseren Leuten. Aber halt, da kommt mir noch in den Sinn, dass ich nochmals auf die Bühne darf, um einen weiteren Pokal abzuholen. Denn bekanntermassen haben wir ja auch in der Marschmusik in unserer Kategorie den Schweizermeistertitel geholt. Mit beiden Pokalen in den Händen mache ich mich abermals auf den Weg zu unserer Jugendmusik. Die Pokale gehen in die Runde und es werden Fotos geschossen aus allen Richtungen, die Pokale mit Bier gefüllt und rund herumgegeben. Doppelschweizermeister Jugendmusik Glis. Nach gefühlt einer Stunde ist die erste Euphorie nur knapp am Abnehmen und wir merken, dass der Platz und das Festzelt nun schon ziemlich leer sind. Trotzdem lassen wir uns nicht davon abhalten, in Marschformation johlend ins Zelt einzumarschieren und Teile des Marignan zum Besten zu geben.
Auch wir treten bald unsere Rückreise mit dem Car an. Unser Chauffeur Lothar hat diesen nun auch speziell mit Schweizermeister angeschrieben. Im Car wird weiter gefeiert und auch die Juryberichte analysiert. Interessanterweise wurden auch die Tubas positiv erwähnt. Tubas, Plural. Offensichtlich spiele ich für mehrere.
In Glis angekommen steigen wir mit Pauken und Trompeten aus dem Car. Unsere Freunde und Eltern warten bereits am Strassenrand und wir marschieren mit dem Marsch der Grenadiere in Glis ein. Wir werden herzlich empfangen und irgendwie freuen sich doch alle, wieder zu Hause zu sein.
Nach dem Aufräumen und Deponieren der Instrumente im Musiklokal geht es mit der Feier im Bäjipub noch weiter. Ein Dank hierbei an die MG Glishorn Glis, welche die Kosten für die Feier im Pub übernimmt. Als Vertreter der Politik richtet Daniel Studer einige Worte an die Jugendmusik.
Wie lange noch gefeiert wird, entzieht sich meiner Kenntnis. Auch ich bin ausnahmsweise mal müde und gehe nicht als Letzter ins Bett. Zwei hervorragende Tage haben wir in den Kreisen der Jugendmusik in Burgdorf verbringen dürfen und ebenso zwei Titel bringen wir aus Burgdorf nach Hause. Ich bedanke mich recht herzlich bei allen Beteiligten, allen voran unseren fleissigen und hochmotivierten Jugendmusikantinnen und Jugendmusikanten, deren Eltern sowie meinem Vorstand und allen Unterstützern. Aufgrund der verspäteten Ausführung dürfen wir uns zwar nur 4 Jahre Doppelschweizermeister nennen, jedoch werden wir diese 4 Jahre umso mehr geniessen.
Es lebe die Jugendmusik Glis!
Präsident, Dominic Wenger